Leutron schützt neue Fernwirkanlage der Alzwerke vor Blitzschlag und Überspannung
Die Alzwerke, seit 1922 Energielieferant der Wacker Chemie, haben im Herbst 2005 den Blitzschutz ihrer Fernwirkanlage neu organisiert: Statt des herkömmlichen Blitzschutzzonenkonzeptes kommt das Zentrale Eintrittspunkt-Prinzip zum Einsatz. Realisiert wurde es mit Schutzgeräten der Leutron GmbH.
Im Südosten Bayerns, direkt an der Grenze zu Österreich, liegen die Alzwerke Burghausen. Das Wasserkraftwerk, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Wacker Chemie AG, versorgt die angrenzenden Produktionsanlagen des Werks seit 1922 mit Energie und deckt heute 25-30% des jährlichen Bedarfs. Anfang der 70er Jahre entschlossen sich die Verantwortlichen, zur besseren Kontrolle und Steuerung der Stromversorgung eine Fernwirkanlage zu installieren, mit deren Hilfe Alzkanal und Wehranlage einfacher und vor allem permanent zu überwachen waren. Seitdem werden Grundwasserhöhen, Pegelstände und Temperaturen kontinuierlich automatisch erfasst und an die Schaltwarte im Werk Burghausen sowie an die Wehrzentrale übermittelt.
Doch bald stellten die Techniker im Werk fest, dass eine Lage inmitten dreier Wasserläufe, nämlich zwischen Salzach, Alz und Inn, recht riskant ist: Immer wieder machten Überspannungsschäden oder gar Direkteinschläge den wertvollen Mess- und Übertragungsgeräten den Garaus. Helmut Zitzmann, Nachrichtentechniker und Vertriebsingenieur beim Blitzschutzspezialisten Leutron GmbH, erklärt das Problem: „Die Messgeräte der Fernwirkanlage befinden sich nahe am, meistens sogar im Wasser und sind damit stark gefährdet, weil sie eine direkte Verbindung zur Erde haben. Hier ist ein genauso intensiver Schutz notwendig wie beispielsweise bei einer Wetterstation auf einem Gipfel. Erschwerend kommt hinzu, dass Staustufen und Wehre Metallkonstruktionen sind, die besonders blitzgefährdet sind.“
Nachts und am Wochenende: Bei Gewitter rückte Personal aus
Nicht nur die Messgeräte fielen häufig aus, sondern auch die Unterstationen der Fernwirkanlage. Diese säumen den 16 Kilometer langen Alzkanal in Abständen von je 1000 Metern und haben die Aufgabe, Informationen von den Messgeräten an die Zentrale weiterzuleiten. Selbst ohne sichtbare physische Zerstörungen an Sensoren oder Übertragungstechnik konnte sich der Dienst habende Ingenieur nie hundertprozentig auf die während eines Gewitters eintreffenden Daten verlassen, denn es bestand immer die Möglichkeit, dass sie durch Überspannungen verfälscht worden waren. „Vor Installation der ersten Blitzschutzanlage sind uns in der Blitzsaison die Geräte häufig kaputt gegangen“, berichtet Hans Wagner, Betriebsingenieur der Alzwerke GmbH. Er war damals zwar noch nicht vor Ort, erinnert sich aber gut an die Erzählungen seines Vorgängers. „Das Problem waren nicht die Ausfälle der Baugruppen“, sagt er, „sondern dass das Personal an Wochenenden oder nachts ausrücken musste, um Bauteile auszutauschen und die Anlage wieder instand zu setzen.“ Anfang der 80er wurde die Fernwirkanlage schließlich mit Blitz- und Überspannungsschutzelementen nachgerüstet.
Neue Fernwirkanlage, neues Blitzschutzkonzept
Ein Vierteljahrhundert später allerdings hatte das ehedem so moderne Überwachungsinstrumentarium endgültig ausgedient, Ethernet- und Radartechnologie ersetzten die ursprüngliche Relaistechnik und auch der Blitz- und Überspannungsschutz sollte erneuert werden. Jedoch wollten die Alzwerke dabei nicht das herkömmliche Blitzschutzzonenkonzept zum Einsatz bringen. Stattdessen ließen sie Messgeräte und Unterstationen nach dem Zentrale Eintrittspunkt-Prinzip (ZEP) sichern. „Durch das ZEP-Prinzip lassen sich Messgeräte und Auswertstationen punktgenauer schützen als durch das traditionelle Blitzschutzzonenkonzept“, begründet Hans Wagner die Entscheidung. „Dadurch und weil Leutron mit der Zusammenlegung von Grob-, Mittel- und Feinschutz in einem Gerät eine sehr kompakte Bauweise ermöglicht, kommen wir mit einer geringeren Anzahl an Schutzgeräten aus. Im Gegensatz zu früher ist das neue Blitzschutzsystem deutlich montagefreundlicher und übersichtlicher.“
Hinter dem ZEP-Prinzip steckt eine einfache Überlegung: Pro Schaltschrank wird ein zentraler Punkt festgelegt, an welchem alle Netz- und Datenleitungen ein- bzw. ausgeführt werden. Hier befindet sich auch der Überspannungsschutz: Für die Netzleitungen kommt der von Leutron entwickelte PowerPro BCD zum Einsatz. Er vereint Blitzstrom- und Überspannungsableiter der Typen T1-T3 in einem Gerät. Die Datenleitungen werden durch spezielle Kombiableiter geschützt.
Die voraussichtliche Amortisationszeit kann Betriebsingenieur Hans Wagner nicht einschätzen, denn: „Wir wissen ja nicht vorher, wie viele Gewitter es geben wird.“ Allerdings macht er auch deutlich: „Begriffe wie Return on Investment und Amortisation bilden wirtschaftliche Betrachtungen ab. Bei uns geht es aber um Sicherheit und die ist nicht rechenbar.“
Hintergrund: Die Alzwerke
Die Alzwerke wurden zwischen 1916 und 1922 erbaut und waren damals das größte Wasserkraftwerk Bayerns. Am 30.11.1922 lieferten sie erstmals Strom an das Burghauser Werk der heutigen Wacker Chemie AG. Die Energie dazu beziehen sie aus der Alz und ihren Nebenbächen: Das Wasser wird durch einen 16 Kilometer langen Kanal zur Wehranlage bei Burghausen geführt und erreicht dort eine Fallhöhe von durchschnittlich 64 Metern. Bei größeren Umbaumaßnahmen 1955 bis 1957 wurden der bauliche Teil der Anlage sowie die gesamte maschinelle und elektrische Ausrüstung des Kraftwerkes auf den neuesten Stand gebracht. In den Jahren 1996 bis 1998 wurden alle Maschinen, einschließlich der Kühlwasseranlage mit einer rechnergestützten Steuerungs- und Leittechnik ausgestattet.